Hast du einen Vorsatz fürs nächste Jahr? Meiner lautet: #KeineVorsätze
Wie du liest, erzeuge ich grade eine Art „Schrödinger-Vorsatz“, indem ich „keine Vorsätze“ zu „meinen Vorsätzen“ zu machen. Warum? Nun, I'm still standing.
Mein Still standing ist (leider) erstaunlich. Ich bin berufstätig, aktiv und ruhe in mir, bin frei von psychischen Erkrankungen und ohne Suizidgedanken. Etwas, was vielen Menschen wie mir nicht vergönnt ist.
Ich gehöre einer Gruppe von mehr als 80 Mio. Menschen (wahrscheinlich sogar eher 220 Mio) an, die laut UN weltweit diskriminiert wird. Ich bin Autist. Dass ich das offen schreibe, ist ein Privileg. Viele autistische Berufstätige können das nicht. Zu gefährlich für Job & Karriere, denn mit dem Wort Autismus kommt mehr oder weniger subtile Stigmatisierung.
Das dies Gesundheit, Glück und berufliche Chancen nimmt, interessiert zu wenige. Und daher schreibe ich und werde das weiter tun:
There is no diversity without neurodiversity. Period.
Wir brauchen gleichberechtigten Zugang
Ich brauche keine neuen Vorsätze, bis Autist*innen endlich den gleichen Zugang zu Bildung, Arbeit und medizinischer Versorgung haben, ihre Rechte und Menschenwürde überall mitgedacht wird.
Was ist ein "echter Autist"?
Alleine, dass ich einfordere, löst bei einigen Irritationen aus. Ich sei kein „richtiger“ Autist. Der Onkel dritten Grades der Nachbarin vom Eckhaus sei Autist und ich sei anders. Surprise, mehr als 80 Mio. Menschen teilen sich weder ein Gehirn noch eine Persönlichkeit.
Der Druck, sich anzupassen
Bereits als Kind sagte man mir, wie ich zu sein und was ich erdulden habe. So war ich geübt, zu wissen, was ihr braucht, aber nicht, was mir guttut. Ich lernte, mich Reizen entgegenzustemmen, die mich schädigen und dabei zu lächeln.
Während ich das Verlangte perfektionierte, verlor ich den Kontakt zu meinem Körper. Der zeigte mir mit chronischen Magen- und Darmproblemen, was er vom Masking hielt.
Da mein autistisches Sein scheinbar störte, verdeckte ich mich aus Höflichkeit und um überhaupt teilhaben zu können. Die Regeln, wie alle zu sein haben, stellen die Neuronormativen auf. Um Teilzuhaben, musste ich mich äußerlich anpassen und blieb doch ich im Inneren.
Die eigenen Rechte einfordern
Mein Gamechanger war es, zu verstehen, dass ich das gleiche Recht auf ein gesundes Leben habe, meine physische und psychische Gesundheit bedeutend sind.
Und so lebe ich mich heute (meist) offen und damit autistisch gesund. Meine chronischen Magen-, Darmprobleme gingen, je mehr ich meine Bedürfnisse lebte. Viele Autist*innen haben diese Chance nicht. Sie werden krank, zerbrechen, können nicht teilhaben, enden im "autistic Burnout" oder in einer Depression.
Still Standing
Somit ist mein „Still Standing“ in der jetzigen Gesellschaft ein Privileg. Ich lebe, arbeite, habe einen Freundeskreis, Visionen und die Chance, etwas zu bewegen. Ich hatte Glück, dass ich es geschafft habe, so lange durchzuhalten.
So lange neurodivergente Menschen für ein erfülltes Leben erkämpfen müssen, brauche ich keine weiteren besonderen Vorsätze...
© Shino Me. Alle Rechte vorbehalten.
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