Oft "erklären" wir autistisch und allistisch (non-autistisch) als unterschiedliches Betriebssysteme (OS).
Dieses Bild kann allerdings zu der Vorstellung verleiten, dass auf identischer Hardware (HW) nur ein anderes OS läuft. Doch wir haben es eben mitnichten mit der gleichen neurologischen "Hardware" zu tun.
Das Bild von lediglich unterschiedlich programmierten Systemen lässt die gefährliche Frage zu: "Kann man das autistische OS umprogrammieren?" und dann ist alles.... irgendwie gleich allistisch?
Das gefährliche Bild vom Umprogrammieren
Getreu dieser Vorstellung, dass "Umprogrammierung" möglich ist, wurden autistische Kinder jahrzehntelang (oft mit Gewalt) zum Masking erzogen. Es ging um äußerliche Angleichung. Was in den Seelen autistischer Kinder vorging, wurde ignoriert.
Bis heute stehen autistische Kinder unter dem Druck, sich zu verbergen, werden ihren Ansprüche an eine gesunde Umgebung ignoriert. So schreiben mir verzweifelte Eltern, die immensem Druck ausgesetzt sind. Von ihnen wird erwartet, dass sich ihre Kinder äußerlich einem Bild anpassen, welches nicht dem eigenen Körper, der eigenen HW entspricht.
Nein sagen
Während allistische Eltern darauf achten, dass ihren Kindern sorgsam mit ihrem Körper sind, Nein-Sagen erlernen, gelten für Eltern autistischer Kinder oft andere Regeln. Sie sollen ihren Kindern erklären:
"Dass, was du fühlst, existiert nicht. Reiß dich zusammen. Wenn du weiter sagst, was du empfindest, störst du, bist eine Belastung. Du musst schweigen lernen, damit alle zufrieden sind."
So verlieren diese Kinder den Zugang zu ihren autistischen Körpern. Ja, sie müssen diesen Zugang kappen, denn sie dürfen nicht mehr auf die Warnsignale ihrer Körper hören. Ihr Sein gilt als Störung und muss unsichtbar werden.
Aus diesen Kindern werden autistische Erwachsene, die sich niemals gesund leben durften. Denen man den Druck des Verdeckens auf die Schultern gelegt hat, damit "alle" zufrieden sind. Wie sie selbst Frieden und Glück finden, war unbedeutend.
Zu einer Zeit, wo ihre Flügel hätten wachsen sollen, hat man ihnen die Federn gerupft. Sich dann beschwert, dass sie zerrupft wirken und Defizit-Listen über sie verbreitet.
Doch wir alle müssen uns unseren Körpern entsprechend leben.
Das bedeutet, dass Menschen, deren Sensorik feiner ist, die mehr Details aufnehmen, entsprechend sorgsam sind. Das Tragen von z.B. Gehörschutz aufgrund feiner Sensorik ist kein Goodie, es ist ein Menschenrecht auf Schutz der eigenen Körpers. Eine Mütze, Sonnenbrille, Ruhezonen sind keine Special Needs.
Wir alle haben die gleichen Basic-Needs, die neuronormative Menschen jeden Tag leben können: dem Körper entsprechend gesund leben.
Es ist an der Zeit, dass neuronormative Menschen Respekt vor dem autistischen Sein zeigen und verstehen, dass unterschiedliche Körper unterschiedliche Ansprüche an eine gesunde Umgebung mit sich bringen.
Unterschiedlich, aber gleich wertvoll.
© Shino Me. Alle Rechte vorbehalten.
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